Zwischen Chatbot und Chefetage

Zwischen Chatbot und Chefetage – so lautete der Titel der zurückliegenden H+ Impulse Veranstaltung zum Thema „Wie Künstliche Intelligenz Organisation, Führung und Kultur verändert“. Führungskräfte, Organisationsentwickler:innen, Geschäftsführer:innen und Personalverantwortliche gehörten zu den geladenen Gästen und es war vollkommen klar: Das omnipräsente Thema KI-Transformation wird den Umfang dieses intensiven Abends sprengen. Deshalb haben wir einen Fokus gesetzt und diesen Abend speziell den Anforderungen an Führung und den Herausforderungen für Organisationen in der KI-Transformation gewidmet.

Torten der Wahrheit

Erste Erleichterung füllte den Raum, als unsere spezielle Fassung der „Torten der Wahrheit“ diskutiert wurde. Mit einem Augenzwinkern wird deutlich: Die meisten Organisationen in Österreich stehen noch am Anfang – jedenfalls wird viel experimentiert und die Erfahrungen pendeln zwischen banal und genial.

Status quo von KI in Österreich

Es folgte ein Experteninput unseres KPMG Kollegen Michael Ginner zum Status quo von KI in Österreich. Sein Fazit lautet: Die Reifegrade verschiedener Fachbereiche in den Organisationen hinsichtlich KI sind derzeit noch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Allen Organisationen gemein ist der Wille und auch die nötige Investitionsbereitschaft hin zu einer strategischen Weiterentwicklung des Einsatzes von KI im Unternehmen bis zu einem vollintegrierten Szenario, in dem Menschen führen und Agenten betreiben. Schon jetzt hat die Leistungsfähigkeit der KI das menschliche Leistungsvermögen in vielen Bereichen überschritten, sodass langfristig keine ökonomisch tragfähige Organisation ohne ein solches Setup auskommen wird.

Landkarte der KI-Transformation

Unterwegs lauern Hürden. Das ist nicht nur die subjektive Wahrnehmung und Erfahrung der Gäste im Raum, sondern auch unser Anlass für diesen Abend. Im Vorfeld haben wir systematisch mit vielen bewusst sehr verschiedenen Organisationen gesprochen, diese Analyse ausgewertet und mit Fachpublikationen abgeglichen. Es zeigen sich interessante Muster, die wir in unserer „Landkarte der KI-Transformation“ zusammengefasst haben.

Auf zwei Achsen (Veränderungsdringlichkeit und Veränderungsfähigkeit) tummeln sich verschiedene „Typen“, so zum Beispiel „die Getriebenen“. Hier vereint sich eine hohe Veränderungsdringlichkeit mit niedriger Veränderungsfähigkeit. Hoher äußerlicher Druck trifft auf innere Lähmung. Mit dem Stabilitäts-Reflex zeigt sich bei diesem Typus eine Tendenz zur internen Regelverdichtung und Absicherung als Antwort auf Unsicherheit. Hier ist wenig Raum für Fehler und Experimente, was die Weiterentwicklung behindert. Führungskräfte stehen dabei in einem besonderen Spannungsfeld zwischen offiziellem Innovationsauftrag und realer Fehlervermeidungskultur.

Neben den Getriebenen gibt es auch noch „die Explorateure“. Häufig sind dies Organisationen, deren äußerer Druck nicht sehr hoch ist. Hier gibt es viel Raum für Experimente und Use Cases werden fachspezifisch in ganz unterschiedlichen Bereichen der Organisation – oft ohne das Wissen voneinander – ausprobiert und umgesetzt. Demnach ist auch die Positionierung auf der Landkarte hinsichtlich der Veränderungsdringlichkeit niedrig, bezogen auf die Veränderungsfähigkeit jedoch recht weit oben. Typisch für Explorateure ist das Sandwich-Dilemma, bei dem das mittlere Management zwischen Innovationsdruck von oben und Effizienzdruck von unten aufgerieben wird. Es fehlt an strukturellen Brücken, um disruptive „Insel-Ideen“ in breite Routine-Prozesse zu integrieren. Auch Skalierung scheitert oft am Widerstand der Mitte, weil Führungskräfte ihre Autorität bisher primär über Fachwissen definierten, das nun die KI besitzt. Neben diesen zwei Typen gibt es noch drei weitere.

Anforderungen an Führung, Kultur und Organisationsentwicklung

Besonders spannend und deshalb auch Gegenstand vertiefender Diskussionen im Anschluss war schließlich die „Transformationszone“: Wie kommen wir dort hin und in welche Anforderungen an Führung, Kultur und Organisationsentwicklung gilt es hereinzuwachsen?

Mit 5 Hypothesen stellen wir – und mit uns das Publikum – uns diesen Fragen:
  1. Zwischen Chatbot & Chefetage entscheidet sich die wirkliche Transformationskraft einer Organisation.
  2. Führung heißt nicht mehr der beste Spieler zu sein, sondern das Spielfeld zu gestalten, auf dem Mensch und KI kooperieren.
  3. Wenn die KI die Abarbeitung übernimmt, wird Sinnstiftung vom „Soft Skill“ zur härtesten Währung der Organisation.
  4. Erfolg entsteht durch die Ko-Evolution von linearer Organisationskultur und exponentieller Technologie – die KI-Transformation hat kein Enddatum.
  5. „AI eats the orgchart“ – KI und Datenströme erodieren funktionale Silos und hierarchische Privilegien.

Alle fünf Hypothesen basieren auf realen Beobachtungen und Gesprächen mit Organisationen. Abgeleitet haben wir jeweils Führungsimpulse und Handlungsempfehlungen sowie ein übersichtliches Konvergenz-Modell und einen Überblick von Reifegraden.

Es geht dabei zum Beispiel darum, Transparenz zu moderieren und Silos aufzubrechen: Bereiten Sie Ihre Organisation darauf vor, dass KI Dinge sichtbar macht, die man früher informell geregelt hat. Das wird Widerstand auslösen. Ihre Aufgabe ist es, Prozesse erst zu entrümpeln, bevor Sie diese automatisieren, und die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg nicht nur zu fordern, sondern strukturell anzugehen.

Es geht aber auch darum, Entscheidungsarchitekturen zu gestalten: Hören Sie auf, mit der KI um Fachwissen zu konkurrieren – diesen Kampf verlieren Sie. Ihre neue Autorität speist sich aus der Fähigkeit, Kontexte zu setzen: Wer entscheidet was? Wo darf die KI autonom agieren, wo braucht es menschliche Ethik? Sie definieren die Aufstellung und die Spielzüge, nicht den einzelnen Pass.

Last but not least

Zum Abschluss der Veranstaltung baten wir noch zwei denkbar unterschiedliche Vertreter:innen von Kund:innenorganisationen aufs Podium, nämlich Katharina Weishaupt von der VIECON, Christian Göttinger von A1 und nochmals unseren Kollegen Michael Ginner. Es entspann sich eine lebendige Diskussion über den tatsächlichen Status quo – „Wir loten gerade aus, was für uns sinnvoll ist, aber das Thema Messe bleibt auch an vielen Stellen ein People Business.“ – und über ehrliche Einblicke: „Vieles, was wir früher an externe Agenturen gegeben haben, z. B. Kommunikationskampagnen, machen wir jetzt mit Hilfe von KI selbst.“

Zum Ausklang des Abends wurden schließlich die Gespräche vom Podium und aus den vorangegangenen Diskussionen der Inputs bei Drinks und Häppchen fortgeführt.

 

Wenn auch Sie noch tiefer in unsere Analyseergebnisse, Ableitungen und Handlungsempfehlungen eintauchen möchten, können Sie die Vortagsunterlagen hier downloaden.

Weitere Informationen zum Vortrag von Michael Ginner sowie den KI-Services von KPMG finden Sie hier:
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